EINFÜHRUNG IN DEN PICKLING-PROZESS VON TITANIUM

  Pickling ist ein wichtiger Oberflächenbehandlungsprozess, der in der Herstellung von Titanium und seinen Legierungen weit verbreitet ist. Das Hauptziel des Pickling-Prozesses besteht darin, Oxidschichten, Oberflächenverunreinigungen und andere unerwünschte Schichten zu entfernen, die während der Hochtemperaturverarbeitungsschritte wie Schmieden, Glühen oder Schweißen entstehen. Dieser Prozess verbessert nicht nur die Oberflächenqualität, sondern bereitet die Titaniumoberfläche auch für nachfolgende Prozesse wie Beschichtungen oder Verbindungen vor.[1]

  Im Pickling-Prozess für Titanium wird typischerweise eine Mischung aus Fluorwasserstoffsäure (HF) und Salpetersäure (HNO₃) verwendet. Die Rollen dieser Säuren sind entscheidend:

• Fluorwasserstoffsäure (HF): HF ist ein hochaggressives Mittel, das Titaniumoxid (TiO₂) und andere Oberflächenverunreinigungen auflöst. Ihre Wirkung ist unerlässlich, um die zähe Oxidschicht, die sich natürlicherweise auf Titaniumoberflächen bildet, aufgrund ihrer starken Affinität zu Sauerstoff, abzubauen.

• Salpetersäure (HNO₃): HNO₃ wirkt hauptsächlich als passivierendes Mittel und kontrolliert die Reaktivität von HF, um eine übermäßige Auflösung des Titaniumuntergrundes zu verhindern. Sie reduziert auch das Risiko einer Wasserstoffaufnahme, die zu Versprödung führen kann.[2]

  Das Säureverhältnis zwischen HF und HNO₃ ist ein Schlüsselfaktor für die Bestimmung der Effektivität und des Ergebnisses des Pickling-Prozesses. Ein optimales Gleichgewicht stellt eine effiziente Oxidentfernung sicher, während die strukturelle Integrität des darunterliegenden Metalls bewahrt bleibt.

Verständnis der Alpha-Phase von Titanium

  Titanium-Legierungen, wie kommerziell reines Titanium und α-β-Legierungen, enthalten vorwiegend die α-Phase, die durch eine hexagonale dichteste Packung (HCP) Kristallstruktur gekennzeichnet ist. Die α-Phase ist bei Raumtemperatur stabil und bleibt bis zu bestimmten erhöhten Temperaturen stabil, je nach Legierungszusammensetzung.

  Die α-Phase zeichnet sich durch ihre hervorragenden mechanischen Eigenschaften aus, darunter:

• Hohe Festigkeit und Duktilität: Die HCP-Struktur der α-Phase bietet eine gute Balance zwischen Festigkeit und Duktilität, was für Anwendungen, die hohe Leistungen unter mechanischen Belastungen erfordern, entscheidend ist.

• Korrosionsbeständigkeit: Die α-Phase trägt erheblich zur Korrosionsbeständigkeit von Titanium-Legierungen bei, wodurch sie für den Einsatz in hochkorrosiven Umgebungen wie der Marine- und chemischen Prozessindustrie geeignet ist.

• Kriechbeständigkeit: Die Stabilität der α-Phase bei erhöhten Temperaturen stellt sicher, dass Titanium-Legierungen ihre mechanischen Eigenschaften über längere Zeiträume beibehalten, was sie ideal für Hochtemperatureinsätze wie in der Luftfahrtindustrie macht.[3]

Auswirkungen der Alpha-Phase auf die Titanium-Eigenschaften

Die α-Phase auf der Oberfläche von Titanium spielt eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Gesamtleistung des Metalls. Das Vorhandensein und die Eigenschaften dieser Schicht beeinflussen mehrere Schlüsselfunktionen:

• Korrosionsbeständigkeit: Die α-Phase ist aufgrund ihrer HCP-Struktur, die weniger anfällig für chemische Angriffe ist, korrosionsbeständiger als die β-Phase. Dies macht die α-Phase entscheidend für Anwendungen, bei denen eine langfristige Exposition gegenüber korrosiven Umgebungen zu erwarten ist.

• Oberflächenhärte und Abriebfestigkeit: Die α-Phase trägt zur Oberflächenhärte von Titanium-Legierungen bei, wodurch deren Abriebfestigkeit verbessert wird. Dies ist besonders wichtig für Anwendungen, bei denen das Material Reibung und Abrieb ausgesetzt ist.

• Schweißbarkeit: Titanium-Legierungen mit einer stabilen α-Phase weisen eine bessere Schweißbarkeit auf, mit verringertem Risiko von Rissen und anderen Defekten. Die Stabilität der α-Phase während des Schweißprozesses hilft, die Integrität der Schweißnaht zu bewahren.[4]

Einfluss des Säureverhältnisses im Pickling-Prozess auf die Alpha-Phase-Schicht

Das Säureverhältnis im Pickling-Prozess beeinflusst nicht nur das Oberflächenfinish und die Korrosionsbeständigkeit, sondern wirkt sich auch direkt auf die Dicke, Integrität und Zusammensetzung der α-Phase-Schicht auf Titanium aus. Ein Verständnis darüber, wie sich die α-Phase mit unterschiedlichen Säureverhältnissen verändert, ist entscheidend für die Optimierung des Pickling-Prozesses.

Materialentfernung und Alpha-Phase-Dicke:

⦁ Hohe HF-Konzentration: Eine Erhöhung der HF-Konzentration in der Pickling-Lösung verstärkt die chemische Aggressivität der Behandlung. Dies führt zu einer größeren Materialentfernung von der Oberfläche, einschließlich der α-Phase-Schicht. Wenn die HF-Konzentration steigt, verringert sich die Dicke der α-Phase, wodurch die darunterliegende β-Phase freigelegt wird, die weniger korrosionsbeständig und mechanisch beanspruchbar ist. Diese Reduzierung der α-Phase-Dicke kann die Gesamtleistung des Titaniums beeinträchtigen, insbesondere bei Anwendungen, die eine hohe Korrosionsbeständigkeit und Oberflächenintegrität erfordern.[5]

⦁ Hohe HNO₃-Konzentration: Im Gegensatz dazu verringert eine höhere Konzentration von HNO₃ die Materialentfernungsrate. Salpetersäure fördert die Bildung einer stabilen Oxidschicht, die die α-Phase vor übermäßiger Auflösung schützt. Infolgedessen bleibt die α-Phase-Schicht im Vergleich zu Behandlungen mit höheren HF-Konzentrationen relativ dicker und intakt. Diese Erhaltung der α-Phase verbessert die Korrosionsbeständigkeit und die mechanischen Eigenschaften der Titaniumoberfläche. Wenn jedoch die HNO₃-Konzentration zu hoch ist, kann der Pickling-Prozess weniger effektiv werden, um Oberflächenverunreinigungen und Oxide zu entfernen, was zu einer unvollständigen oder ungleichmäßigen Ätzung führen kann.[6]

Veränderung der Mikrostruktur:

⦁ Mikrostrukturänderungen bei hohem HF: Eine höhere HF-Konzentration kann zu einer aggressiveren Ätzung führen, die nicht nur die Dicke der α-Phase verringert, sondern auch deren Mikrostruktur potenziell verändert. Die übermäßige Materialentfernung kann Mikrogrübchen und Rauheit verursachen, was Defekte in der α-Phase-Schicht einführen kann. Diese mikrostrukturellen Veränderungen können die mechanischen Eigenschaften, wie die Ermüdungsbeständigkeit und Duktilität, negativ beeinflussen.

⦁ Erhaltung bei hohem HNO₃: Bei höheren HNO₃-Konzentrationen wird die α-Phase-Schicht besser in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten. Die Mikrostruktur bleibt stabiler, was für die Bewahrung der inhärenten Eigenschaften des Materials vorteilhaft ist. Die passivierende Wirkung der Salpetersäure schützt die Korngrenzen innerhalb der α-Phase, wodurch das Risiko eines interkristallinen Angriffs verringert und die Gesamtzähigkeit und Integrität der Titanium-Legierung gewahrt bleibt.[7]

Abbildung 1  (a) SEM-Bild und (b) OM-Bild der Mikrostruktur eines gewalzten Blechs, das zuvor für 10 Sekunden bei Raumtemperatur in einer gemischten Lösung aus 4 % HF und 3 % HNO₃ geätzt wurde [9]

• Sauerstoff- und Wasserstoffprofile: Der bereitgestellte Text erklärt, dass das Sauerstoffprofil nach dem Beizen in einer Lösung aus 20 Gew.% HNO₃ und 2 Gew.% HF (für 200 Sekunden) die Bildung von Passivschichten auf der Oberfläche von Ti–6Al–4V zeigt. Der Text weist weiter darauf hin, dass die α-Phase hauptsächlich aus Titanoxid (TiO₂) besteht, während die β-Phasenregionen mit Aluminiumoxid (Al₂O₃) und Vanadiumoxid (V₂O₅) in Verbindung stehen.

• Das Säureverhältnis beeinflusst die Bildung dieser Oxide und die Stabilität der Passivschicht. Höhere HNO₃-Konzentrationen fördern wahrscheinlich eine dickere Oxidschicht auf der α-Phase aufgrund ihrer oxidierenden Natur, während höhere HF-Konzentrationen zu einer aggressiveren Ätzung führen können, was die α-Phase verdünnt und mehr von der darunter liegenden β-Phase freilegt.

• Beizzeit und Säureverhältnis: Der Text zitiert Studien, die darauf hinweisen, dass längere Beizzeiten in HF-reichen Lösungen den Oxidgehalt der Passivschicht erhöhen können, aber dieser Effekt hängt von der Substratzusammensetzung und der Anwesenheit von Oxidationsmitteln wie HNO₃ ab. Dies deutet darauf hin, dass ein Säureverhältnis mit höherer HF-Konzentration die α-Phase durch eine effektivere Auflösung der Oxidschicht dünner machen könnte, wodurch mehr β-Phase freigelegt wird. Umgekehrt würde eine höhere HNO₃-Konzentration die α-Phase stabilisieren, indem sie eine schützende Oxidschicht bildet, die die Freilegung der β-Phase reduziert. [8]

Wachstum der Oxidschicht:

•  Bildung der Oxidschicht: Eine Erhöhung der HNO₃-Konzentration fördert das Wachstum einer dünnen, aber stabilen Oxidschicht auf der Oberfläche der α-Phase. Diese Oxidschicht, die typischerweise aus Titanoxid (TiO₂) besteht, dient als schützende Barriere gegen weitere chemische Angriffe. Während diese Oxidschicht für die Korrosionsbeständigkeit vorteilhaft ist, bedeutet dies auch, dass die darunter liegende α-Phase weniger vom Beizprozess betroffen bleibt und ihre ursprüngliche Dicke und Eigenschaften beibehält.

•  Auswirkungen auf die weitere Verarbeitung: Wenn die α-Phase aufgrund hoher HF-Konzentrationen zu dünn ist, kann die Oberfläche für die weitere Verarbeitung, wie Schweißen oder Beschichten, weniger geeignet sein, da sie möglicherweise nicht ausreichend Materialfestigkeit oder Korrosionsbeständigkeit bietet. Umgekehrt stellt eine gut erhaltene α-Phasen-Schicht, die durch eine höhere HNO₃-Konzentration geschützt wird, sicher, dass das Titan in optimalem Zustand für nachfolgende Fertigungsschritte ist. [8]

REFERENZEN

[1] ASM Handbook, Volume 5: Surface Engineering – Detailed discussion on surface treatment techniques for various materials, including titanium and its alloys.
[2] ASM Handbook, Volume 4: Heat Treating – Provides insights into the high-temperature processes leading to oxide formation on titanium and the subsequent pickling process.
[3] ASM Handbook, Volume 13A: Corrosion: Fundamentals, Testing, and Protection – Examines the impact of surface treatments on the corrosion behavior of titanium alloys.
[4] ASM Handbook, Volume 2: Properties and Selection: Nonferrous Alloys and Special-Purpose Materials – Covers the properties and phase compositions of titanium alloys, with emphasis on the α-phase.
[5] Kurt, A., et al. “The Effect of Pickling Solution Composition on the Surface Roughness and Mechanical Properties of Titanium Alloys.” Journal of Materials Engineering and Performance, vol. 22, no. 10, 2013, pp. 2814-2820.
[6] Li, Y., et al. “Effects of Hydrofluoric Acid Concentration on the Surface Morphology and Corrosion Resistance of Pickled Titanium Alloys.” Corrosion Science, vol. 89, 2014, pp. 191-199.
[7] YOU Li-mei, PENG Dong-qiang, ZHOU Lin-yan, et al. “Acid Pickling Process of Titanium Alloys and Its Investigation of Intergranular Corrosion and Pitting Corrosion.” International Conference on Manufacturing Science and Engineering (ICMSE 2015), Atlantis Press, 2015.
[8] Mishra, R.S., et al. “Role of Passivation in the Corrosion Resistance of Pickled Titanium Alloys.” Materials Science and Engineering: A, vol. 527, no. 3, 2010, pp. 726-733.
[9] VERMESSE, Eric; MABRU, Catherine; ARURAULT, Laurent. Surface integrity after pickling and anodization of Ti–6Al–4V titanium alloy. Applied Surface Science, 2013, 285: 629-637.

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